Bilder von dem Einen Gott by Nicola Hömke Gian Franco Chiai Antonia Jenik
Autor:Nicola Hömke, Gian Franco Chiai, Antonia Jenik
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Walter de Gruyter
veröffentlicht: 2016-02-15T00:00:00+00:00
2Die Bildmotive
Der Schluss des Gedichtes kehrt die Verhältnisse in seiner Mitte um: Diente dort die Liebe von Mars und Venus als Illustration für den Magnetismus, so wird jetzt der Magnetismus zum Bild der Liebe, die damit zum eigentlichen Thema des Gedichtes wird. Amor herrscht über die anderen Götter (Venus eingeschlossen) und über das Reich der Natur (vv. 51â57):
Quae tibi, saeue puer, non est permissa potestas?
tu magnum superas fulmen caeloque relicto
fluctibus in mediis cogis mugire Tonantem.
iam gelidas rupes uiuoque carentia sensu
membra feris, iam saxa tuis obnoxia telis, 55
et lapides suus ardor agit, ferrumque tenetur
inlecebris: rigido regnant in marmore flammae.
Welche Macht, grausamer Knabe, ist dir nicht übertragen? Du überwindest die GröÃe des Blitzes und zwingst den Donnerer, den Himmel zu verlassen und mitten in Fluten zu muhen. Schon triffst du auch kühle Klippen und Glieder ohne lebendige Sinne, schon werden Felsen von deinen Pfeilen bezwungen und Steine von ihrer eigenen Leidenschaft getrieben; auch Eisen erliegt erotischen Reizen. Im starren Marmor herrscht Liebesglut.
In spätantiken Gedichten wird die Macht des Liebesgottes gern als Triumph Amors dargestellt, ein Motiv, das in Epithalamien häufig vorkommt, und zwar nicht nur in paganen wie in Claudians Hochzeitsgedicht für Honorius,699 sondern auch in christlichen; so betet der Dichter in einem Hochzeitsgedicht des Dracontius zu Venus und Cupido, bevor er dessen Triumphzug beschreibt, zu dem Risus, Libido, Voluptas und andere gehören. Zwar werden durch entsprechende Attribute Kautelen formuliert (iusta Libido, moderata Voluptas),700 doch hält sich der Katalog, davon abgesehen, erstaunlich eng an pagane Vorbilder, insbesondere an Ovids Elegie 1,2.701 Nun hatte schon Laktanz unter Verweis auf einen anonymen Dichter gerade dieses Motiv verdammt und dem, der sich Amor unterwerfe, mit ewigem Tod gedroht,702 und so werden oft alternative Triumphzüge konstruiert, etwa von Paulinus von Nola, der in seinem Epithalamium die christliche Hochzeit durchgehend mit der pompa heidnischer Götter kontrastiert und diesen als nomina luxuriae jede Substanz abspricht.703 Die letzten Verse von Claudians Gedicht über den Magneten stellen dagegen noch einmal den alten Amor vor Augen: Seine Macht wird nicht, wie bei Dracontius, relativiert; er ist noch immer der grausame Herrscher, an den sich der Sprecher in einer subjektiven Apostrophe in hellenistischer Manier wendet; damit weist er sich selbst als Untertan Amors aus. Zugleich erinnert der Schluss an die Welt der Mythen, in denen die Götter selbst der Liebe verfallen; sie werden durch den höchsten Gott vertreten, dessen Leidenschaft für Europa paradigmatisch für diese Welt steht. In diesem Mythos, auf den andeutend verwiesen wird, verwandelt sich der höchste Gott in einen Stier, um das begehrte Mädchen zu entführen; die Erinnerung an die berühmteste lateinische Version der Geschichte, die der Metamorphosen Ovids, evoziert noch einmal eine diesseitige Konzeption der Liebe.704 Zugleich wird auf die ubiquitäre Präsenz der Liebe in der Natur hingewiesen, die sich von der Welt der Götter bis in die unbelebte Materie erstreckt.
Den Hauptteil des Gedichtes nimmt die Ekphrasis der Statuengruppe ein, die Mars und Venus als Liebespaar darstellt. Die vom Priester vollzogene EheschlieÃung der beiden Götter verweist auf den schon in der Odyssee erzählten Mythos von ihrem Ehebruch und seiner Aufdeckung durch Helios und der BloÃstellung der Liebenden durch Hephaistos.
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